Die Integration Zugewanderter in den deutschen Arbeitsmarkt gelingt. Das bestätigt der Integrationsbericht, den Staatsministerin Reem Alabali-Radovan am 11. Dezember vorstellte. Die Erwerbstätigenquote von Migrant*innen im Alter zwischen 15 und 64 Jahren ist mit mehr als 69 Prozent höher als in den meisten EU-Vergleichsländern der OECD. Der Anteil der Vollzeitbeschäftigten ist bei Zugewanderten ungefähr genauso hoch wie bei Personen ohne Zuwanderungsgeschichte. Die Arbeitslosenquote bei Personen ohne deutsche Staatsangehörigkeit sinkt, eine Ausnahme ist hier nur die Kurzzeitarbeitslosigkeit bei Frauen.
Die Nachfrage nach zugewanderten Fachkräften ist immens. Unternehmen warten darauf, Qualifikationen nutzen zu können, die Migrant*innen bereits aus ihren Herkunftsländern mitbringen. Mit den geplanten Sparmaßnahmen der Bundesregierung dürfte diese Hoffnung enttäuscht werden. Nach den drastischen Einschnitten bei den Integrationskursen wird nun auch bei den Berufssprachkursen der Rotstift angesetzt. Bleibt es bei den Plänen, dann haben zahlreiche Zugewanderte künftig keine Chance, mit ihren Fähigkeiten und Fertigkeiten vakante Arbeitsplätze für Fachkräfte zu besetzen, weil ihnen dafür die Deutschkenntnisse fehlen.
Berufssprachkurse schließen in der Regel an den allgemeinen Integrationskurs an und vermitteln Migrant*innen die Sprachkenntnisse, die sie am Arbeitsplatz brauchen – gerade dann, wenn sie als Fachkräfte tätig werden. Nach dem Ende der Ampelkoalition haben sich Bundesarbeitsminister Hubertus Heil und Bundesfinanzminister Jörg Kukies darauf geeinigt, für die Weiterführung der Kurse im kommenden Jahr einen Antrag auf eine überplanmäßige Ausgabe in den Haushaltsausschuss des Bundestages einzubringen. Über die Höhe der Mittel, die für Berufssprachkurse im Jahr 2025 bereitgestellt werden sollen, schweigen sich die Minister jedoch bislang aus. Fest steht nur: Die Mittel werden gekürzt. Die neuerlichen Einschnitte gehen auf Kosten von Personen, die im Integrationskurs noch nicht das Sprachniveau B1 erreicht haben, aber in einem Deutschkurs mit starkem Praxisbezug einen Sprachstand erreichen können, der für eine Tätigkeit als Fachkraft ausreicht. Solche Kurse fallen im kommenden Jahr weg.
Praktisch zeitgleich wurde Teilnehmer*innen an Integrationskursen die Möglichkeit entzogen, in diesen Kursen Module zu wiederholen. Das trifft Menschen, die zum Beispiel aufgrund von Kriegstraumata Lernschwierigkeiten haben: Sie haben künftig keine Chance mehr, mithilfe der so genannten Wiederholerstunden ein besseres Ergebnis im Abschlusstest DTZ zu erreichen und das für anspruchsvolle Tätigkeiten erforderliche Sprachniveau zu erreichen. So versperrt das K.o.-Sparen bei den Integrations- und Berufssprachkursen vielen Zugewanderte der Weg auf den Fachkräftemarkt.
„Die Bundesregierung verschenkt Potenzial, auf das die Unternehmen in Deutschland dringend angewiesen sind“, kommentiert Julia von Westerholt, Direktorin des Deutschen Volkshochschul-Verbands. „Menschen können mangels Sprachkenntnissen ihre fachliche Qualifikation nicht nutzen. Stattdessen übernehmen sie Hilfstätigkeiten und werden so in ein Segment des Arbeitsmarktes gedrängt, in dem die Arbeitslosenquote vergleichsweise sehr hoch ist.“ Beim Spracherwerb der Zugewanderten zu sparen sei sozial unverantwortlich und volkswirtschaftlich irrational. „Wir appellieren an die Bundesinnenministerin, den Bundesarbeitsminister und den Bundesfinanzminister, das nachgewiesen erfolgreiche System der sprachlichen Integration intakt zu lassen“.