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Deutscher Volkshochschul-Verband

Kinder machen nichts als Zirkus

Dieser Projektbericht stammt aus der vergangenen Förderphase (2018-2022) von "Kultur macht stark. Bündnisse für Bildung". Es sind daher konzeptionelle Abweichungen im Vergleich zur aktuellen Förderrichtlinie möglich.

Kinder machen nichts als Zirkus

Es ist wie eine Reise zurück in die eigene Kindheit. Wenn der Zirkus für ein paar Tage in der Stadt gastierte, war die Freude und Aufregung bei uns Kindern groß. Ob waghalsige Artisten, die über den Köpfen der Zuschauer ihre Kunststücke vollführten oder Clowns, die uns zum Lachen brachten. Das Zirkuserlebnis war etwas ganz Besonderes.

Kinder stark machen

An dieser Faszination hat sich bis heute nichts geändert. Den Beleg dafür liefern 32 Kinder, die im Innenhof des Übergangswohnheims für geflüchtete Familien in Neuss eifrig und mit viel Spaß für eine eigene Zirkusaufführung proben. Und dies natürlich in einem waschechten Zirkuszelt, das bereits aufgebaut ist und in bunten Farben aus der gesamten Szenerie heraussticht. Sowohl außerhalb als auch innerhalb des Zeltes laufen die Proben für die Aufführung auf Hochtouren.

Die Pädagoginnen Petra und Pauline Dalkowski haben alle Hände voll zu tun die große Kindergruppe zu koordinieren. Nicht immer eine leichte Aufgabe, wie beide verraten. „Es braucht viel Geduld, Ausdauer und vor allem Durchsetzungsvermögen“, sagt Petra Dalkowski. Die Herausforderung bei der Arbeit mit Kindern liege darin, die Stärken des Einzelnen hervorzuheben. „Am Anfang müssen wir ihnen vor allem Mut machen, sich vor Publikum zu zeigen oder auch frei zu sprechen“, so Pauline Dalkowski. Bereits nach kurzer Probenzeit zeigen sich erste Erfolge. „Die Kinder gehen aus sich heraus, sind sich ihrer Stärken bewusster und stolz auf das bereits Erlernte“, erläutert Petra Dalkowski.

Kulturelle Bildung im Mittelpunkt des Projekts

Die Entdeckung der eigenen Stärken und Schwächen ist ein Ziel des Zirkusprojekts. Die Kinder sollen sie erkennen und lernen, damit umzugehen. Das Projekt fördert die „soft skills“ der Heranwachsenden. Außerdem sollen sie ihre verborgenen Talente entdecken.

„Die Ursprungsidee war, dass wir mit dem außerschulischen und kostenlosen Projekt Kinder aus bildungsbenachteiligten Familien fördern“, erläutert Ursel Hebben, Fachbereichsleiterin der Volkshochschule Neuss.

Im Rahmen des Zirkusprojekts werden zwei Bausteine zueinander gefügt. Beim lernzielorientierten Baustein werden den Kindern spielerisch soziale und interkulturelle Kompetenzen und die deutsche Sprache vermittelt. Der zweite Baustein des Bildungsprojekts ist die kulturelle Bildung der Kinder. „Hier geht es um die künstlerische und kreative Gestaltung“, so Hebben.

Neben der Volkshochschule Neuss stehen das Off-Theater, der Verein Interkulturelle Projekthelden sowie das Sozial- und Jugendamt der Stadt Neuss als Partner hinter dem Bildungsprojekt „Zirkusarena Kunterbunt“. Gemeinsam setzen sie sich für die Verbesserung der Bildungschancen der Kinder in Neuss ein.

Akrobatik auf dem Nagelbrett und auf Glasscherben

Tatsächlich haben es die Kunststücke in sich: ob Akrobatik auf dem Nagelbrett, auf den Glasscherben oder auf dem Drahtseil. Die Kinder verschiedener Nationalitäten beweisen, dass sie Artistenblut in sich haben und Feuer und Flamme für den Zirkus sind. Doch nicht immer ist alle Friede, Freude und Eierkuchen. „Es gibt natürlich unter den Kindern manche Reibereien. Allerdings sind das vielmehr Zankereien unter den Geschwisterpaaren als handfeste Konflikte, die ausgetragen werden“, erläutert Petra Dalkowski.

Dennoch: am Tag der Aufführung klappt alles wie am Schnürchen. Die Kunststücke und Zaubertricks sitzen und den Kindern steht der Spaß dabei ins Gesicht geschrieben. Das Zelt ist gefüllt mit den Familien, die voller Stolz gebannt die Vorführung verfolgen. Man sieht förmlich, wie wichtig den Kindern ist, dass ihre Leistung von den Erwachsenen ernst genommen wird. Vielleicht auch gerade weil sie sonst im Leben häufig deutlicher erfahren, was sie nicht können. Hier erleben sie, welche atemberaubenden Fähigkeiten sie haben.

Pädagogin Petra Dalkowski zeigt sich zufrieden. „Wir konnten in den Kindern sowohl das Künstlerische als auch den Teamgeist wecken.“

cle (August 2019)

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