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Deutscher Volkshochschul-Verband

Im talentCAMPus zum Demokratieführerschein

Dieser Projektbericht stammt aus der vergangenen Förderphase (2018-2022) von "Kultur macht stark. Bündnisse für Bildung". Es sind daher konzeptionelle Abweichungen im Vergleich zur aktuellen Förderrichtlinie möglich.

Ginge es nach Pablo und seinen Kumpels, dann bekäme Korbach einen Freizeitpark – mit Achterbahnen und anderen Attraktionen für Jung und Alt. Dann wäre im nordhessischen Landkreis Waldeck-Frankenberg endlich mal richtig was los, findet er. Aber bei der Abstimmung in der Volkshochschule in Korbach fällt sein verwegener Vorschlag durch. Das Plenum der Zehn- bis 13-Jährigen stimmt mehrheitlich für ein weniger spektakuläres, dafür aber realistischeres Vorhaben: die Wiedereröffnung des alten Korbacher Kinos.

Der Demokratieführerschein ist wunderbar variabel. Man kann das Konzept sehr gut auf verschiedene Zielgruppen zuschneiden.

Ursula Müller, Organisatorin des talentCAMPus an der Kreisvolkshochschule Waldeck-Frankenberg

Einführung in die Kommunalpolitik

Rund ein Dutzend Kinder und Jugendliche erleben in dieser Ferienwoche eine Einführung in die Kommunalpolitik. Sie lernen, wie Entscheidungsprozesse vor Ort funktionieren, und wie man selbst Einfluss nehmen kann. Das Konzept heißt „Demokratieführerschein“ und ist ursprünglich eine Idee der Volkshochschulen in NRW. Es soll junge Menschen zur politischen Partizipation anregen.

Demokratieführerschein und talentCAMPus

Die Kreisvolkshochschule Waldeck-Frankenberg setzt den Demokratieführerschein gerne im talentCAMPUs ein, dem Ferienbildungskonzept des Deutschen Volkshochschul-Verbands. Seit 2013 ist talentCAMPus Teil des Förderprogramms „Kultur macht stark. Bündnisse für Bildung“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung.  In Verbindung mit künstlerischen Angeboten ermöglicht es Kindern und Jugendlichen neue, positive Lernerfahrungen. „Der Demokratieführerschein ist wunderbar variabel. Man kann das Konzept sehr gut auf verschiedene Zielgruppen zuschneiden“, findet Ursula Müller, die für die Kreisvolkshochschule Waldeck-Frankenberg den talentCAMPus organisiert.  

Jugendbeteiligung als kommunales Thema

Die Jugendbeteiligung ist ein wichtiges Thema, im Landkreis wie auch in der Stadt Korbach. Ein Kinder- und Jugendparlament, wie es in vielen hessischen Kommunen existiert, gibt es dort noch nicht. Aber die Hansestadt möchte das politische Interesse und Engagement der Jugend fördern. Deshalb fand im Februar bereits die fünfte Infoveranstaltung speziell für junge Korbacher statt. Dass in der Stadt ein Kino fehlt, war auch dort Thema.

Im talentCAMPus der Kreisvolkshochschule fällt es Christoph folglich nicht schwer, Argumente für sein fiktives Kino-Projekt anzuführen. Und im Unterschied zu den Freizeitpark-Verfechtern hat die „Kino-Partei“ auch einen Finanzierungsvorschlag: Mit einigen lokalen Sponsoren sollte die Sanierung des stillgelegten Kinos selbst bei moderaten Eintrittspreisen finanzierbar sein. Und da inzwischen weit und breit alle Kinos geschlossen wurden, wäre das Einzugsgebiet groß.

Demokratie – leicht erklärt

Was macht eigentlich eine Stadt aus? Mit dieser Frage sind die talentCAMPus-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer zu Beginn der Woche eingestiegen. Krankenhaus, Feuerwehr, Einkaufszentrum – im ländlichen Raum müssen die Städte einiges an Infrastruktur bieten, was es in den Dörfern nicht gibt.

Etwa die Hälfte der Teilnehmerinnen und Teilnehmer kommen aus Dörfern rund um Korbach, erzählt talentCAMPus-Dozent Dominik Osterhold. Der studierte Pädagoge arbeitet hauptberuflich als Familien- und Erziehungshelfer und leitet seit drei Jahren die Demokratieführerschein-Kurse der Kreisvolkshochschule. Er weiß, dass in den Schulen politische Bildung meist erst in der siebten Klasse startet. Osterhold muss im talentCAMPus also erst einmal Grundlagen vermitteln: „Demokratie bedeutet Herrschaft des Volkes. Der Bürgermeister darf also nicht alleine entscheiden.“

Nicht alles, was sich Jugendliche von ihrer Stadt wünschen, lässt sich kommunalpolitisch beeinflussen. Die Mädchen unter den talentCAMPus-Teilnehmern wünschen sich ein besseres Einkaufsangebot, vor allem in Sachen Mode. Doch wie lockt man die angesagten Modeketten nach Korbach? „Da hat die Politik nur wenig Handhabe“, erklärt der Dozent.

Höhepunkt der Woche: Ein Besuch beim Bürgermeister

Der Demokratieführerschein steht in der Ferienbildungswoche immer vormittags ab 9.30 Uhr auf dem Programm. Höhepunkt ist der Besuch im Rathaus am letzten Campus-Tag. Dort erfahren die Kinder und Jugendlichen, welches Amt für welche Belange zuständig ist, wie es im Büro des Bürgermeisters aussieht und wie eine Sitzung des Magistrats, also des örtlichen Spitzengremiums, abläuft.

Nachmittags können die Kinder und Jugendlichen sich in kultur- und bewegungsorientierten Workshops erproben. Bei den Mädchen stehen Tanz und Theater hoch im Kurs. Die Jungs finden Geocaching und die Trendsportart Le Parkour toll. In einer Sporthalle lernen sie das Überwinden von Hindernissen.

„Das Nachmittagsprogramm ist immer begehrt“, erzählt Dominik Osterhold. Die Programmplaner bieten dabei gerne Ungewöhnliches an. Beim Bodypercussion-Workshop im vergangenen Jahr konnten Kinder und Jugendliche erkunden, was ihr Körper an Klängen hergibt. „Anfangs konnte sich darunter keiner was vorstellen. Hinterher waren alle begeistert“, so Osterhold.

Hochwertiges Bildungsprogramm auch für ländliche Region

„talentCAMPus hat unser Ansehen gesteigert“, sagt der Leiter der Kreisvolkshochschule Manfred Mengel. Gerade weil der Demokratieführerschein das politische Interesse der Jugend fördere und damit  ein wichtiges Anliegen der Lokalpolitik unterstütze.

Im größten Flächenkreis Hessens erschweren die Entfernungen die Arbeit: „Die Frage ist immer, wie kriegen wir die Teilnehmer in die Kurse“, sagt Mengel. Denn gerade in den Sommerferien ist der Busverkehr eingeschränkt. Doch die Kreisvolkshochschule lässt nicht nach in ihrem Bemühen, die ländliche Region mit einem hochwertigen Bildungsprogramm zu versorgen. talentCAMPus findet deshalb nicht nur in Korbach, sondern auch in Bad Arolsen statt. Dabei kooperiert  die Kreisvolkshochschule mit wichtigen Jugendhilfeträgern, unter anderem mit den städtischen Jugendhäusern, der Jugendarbeit des evangelischen Kirchenkreises und dem Fachdienst Jugend des Landkreises Waldeck-Frankenberg. Mengels Ziel ist, politische Jugendbildung fest im Programm seiner Volkshochschule zu verankern.

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