Bonn. Die Finanzplanung der Bundesregierung für das Gesamtprogramm Sprache ist alarmierend: Mit der im Haushaltsentwurf der Bundesregierung für Integrationskurse eingeplanten Summe können 2025 keine neuen Angebote gestartet werden. Die Mittel reichen lediglich aus, um die in diesem Jahr begonnenen Kurse zu Ende zu führen. 180.000 Menschen werden keine Chance haben, die für Berufseinstieg und Alltagsleben in Deutschland unentbehrlichen Sprachkenntnisse zu erwerben.
Eine große Finanzierungslücke klafft überdies bei den Berufssprachkursen, die an den Integrationskurs anschließen und Menschen befähigen, sprachliche Herausforderungen am Arbeitsplatz zu bewältigen. Die zurzeit vorhergesehenen Mittel reichen nur für 30 Prozent der notwendigen neuen Berufssprachkurse aus.
In zwei Wochen werden in der sogenannten Bereinigungssitzung im Haushaltsausschuss des Bundestags die letzten Weichenstellungen für den Haushalt des kommenden Jahres vorgenommen. Wird bis dahin keine substanzielle Erhöhung des Ansatzes für 2025 vereinbart, dann stehen die Integrationssprachkurse demnächst vor dem Aus.
Volkshochschulen mobilisieren
Seit Wochen machen Volkshochschulen gegen den geplanten Kahlschlag bei den Integrationskursen mobil. Im bayerischen Moosburg bei Freising überreichte vhs-Leiterin Gerda Fischer Bundestagsabgeordneten von SPD, Grünen und CSU bei einer Podiumsdiskussion eine Eingabe mit der Forderung, sich für die Kurse stark zu machen. Die Offenburger Volkshochschule lud den stellvertretenden Vorsitzenden der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Thorsten Frei, zu einem Lokaltermin ein. Dabei konnte der Politiker sich aus erster Hand von den Leistungen der Teilnehmer*innen und Lehrkräfte in Integrationskursen überzeugen. Die Volkshochschule Winnenden besuchten Ricarda Lang (Grüne), Prof. Dr. Stephan Seiter (FDP) und Christina Stumpp (CDU). „Wer jetzt an der Bildung spart, hat in Zukunft um das Vielfache höhere Folgekosten“, gab vhs-Leiter Andreas Frankenhauser den Abgeordneten mit.
Jörg Ehresmann, Leiter der vhs Nordwestmecklenburg, erwartet ebenfalls Besuch aus Berlin. Im laufenden Jahr haben 115 Personen an seiner Volkshochschule den Integrationskurs absolviert. Um auch im nächsten Jahr noch Integrationskurse anbieten kann, erhofft er sich Unterstützung vom SPD-Abgeordneten Frank Junge für die Aufstockung der im Haushaltsgesetzentwurf völlig unzureichenden Mittel.
Minister*innen müssen handeln
Damit Integrations- und Berufssprachkurse 2025 bedarfsgerecht durchgeführt werden können, sind mindestens 1,7 Mrd. Euro erforderlich. Zurzeit sind 810 Millionen im Haushaltsentwurf vorgesehen. Mitglieder des Haushaltsausschusses äußerten gegenüber dem Deutschen Volkshochschul-Verband (DVV) ihre Verwunderung darüber, dass die Bundesregierung die Lösung des Problems dem Bundestag übertrage. Eine Erhöhung der im Haushaltsgesetzentwurf vorgesehenen Mittel um mehrere Hundert Millionen Euro sei nicht Sache der Abgeordneten, sondern der Regierung.
Auch der DVV-Vorsitzende Martin Rabanus – zugleich Abgeordneter im Deutschen Bundestag – sieht die zuständigen Ministerien am Zuge: „Die Koalition muss zu ihrer Verantwortung für die Integration Zugewanderter in unsere Gesellschaft stehen. Die Integration in Zeiten eklatanten Arbeits- und Fachkräftemangels auf Eis zu legen, würde der wirtschaftlichen Zukunft unseres Landes massiv schaden.“ Rabanus appelliert an Innenministerin Nancy Faeser, Arbeitsminister Hubertus Heil und Finanzminister Christian Lindner, sich umgehend über die Bereitstellung ausreichender Mittel für die Integrations- und Berufssprachkurse im Jahr 2025 zu verständigen.
Erfolgsmodell würde demontiert
Eine Unterbrechung der Kurse im Jahr 2025 könnte das effiziente und international anerkannte Sprachlernsystem für Zugewanderte in Deutschland dauerhaft beschädigen. Über 10.000 Lehrkräfte an Volkshochschulen würden keine neuen Verträge erhalten. Viele wären gezwungen, sich beruflich neu zu orientieren. Damit gingen der sprachlichen Integration unersetzliche Fachkräfte verloren. Einmal ausgesetzt, würden sich die Integrationskurse wohl kaum im notwendigen Umfang und in der erforderlichen Qualität reaktivieren lassen.
Weitere Informationen
Kontakt
Sabrina Basler
Deutscher Volkshochschul-Verband
Sabrina Basler
Königswinterer Str. 552 b
53227 Bonn