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Deutscher Volkshochschul-Verband

Jung fragt Alt in Heidenheim

„Erzähl mir deine Geschichte“ – unter diesem Motto interviewten Kinder aus Heidenheim im Rahmen eines Ferienprojekts Erwachsene zu ihrem Leben, ihrem Beruf und zu einschneidenden Erlebnissen.

von Katharina Reinhold

Wie bist du zu deinem Beruf gekommen? Warum hast du deine Heimat verlassen und bist nach Deutschland gezogen? Wie war das eigentlich früher? – Kinder haben viele Fragen, auch an Menschen älterer Generationen. Dass diese Menschen interessante Dinge zu berichten haben, erlebten die jungen Teilnehmer*innen des sechstägigen Projekts „Jung fragt Alt: Erzähl mir (m)eine Geschichte“ im November und Dezember 2021 in Heidenheim. Sie lernten dabei, wie man gute Interviews führen und dokumentieren kann, und wurden so zu jungen Journalist*innen.

Schreibworkshop zur Vorbereitung

Welche Fragen sind interessant für mich und meine Leser*innen? Wie kann ich einen Spannungsbogen aufbauen? Worauf muss ich beim Interview achten? Mit diesen Fragen beschäftigten sich die Kinder zum Auftakt des Projekts Anfang November 2021 im Rahmen einer Schreibwerkstatt. Dies diente zur Vorbereitung auf die Interviews, die die Kinder mit verschiedenen Erwachsenen führen wollten. Den richtigen Umgang mit einer digitalen Spiegelreflexkamera übten die Kinder in einem Fotografieworkshop mit einem Profi. Dabei ging es um Perspektiven, einen guten Bildaufbau, das richtige Licht und Einstellungen an der Kamera. Sie sprachen auch über wichtige Regeln mit Blick auf die Verwendung der Fotos.

Spannende Gesprächspartner*innen

Die Kinder schlugen selbst Menschen vor, denen sie gerne Fragen zu ihrem Leben stellen würden. Dazu gehörten Familienmitglieder wie der Onkel oder die Großeltern, Menschen mit interessanten Berufen, wie ein Lokführer oder eine Lehrerin, oder auch bekannte Personen wie die Bürgermeisterin oder der Fußballtrainer des 1. FC Heidenheim. Und diese Leute machten gerne mit und nahmen sich Zeit für die Kinder.

Ein bisschen Aufregung war spürbar, als die Interviewgäste am fünften Projekttag in die Ostschule kamen, um den Kindern Rede und Antwort zu stehen. Die jungen Journalist*innen stellten ihre vorbereiteten Fragen und kamen wunderbar mit den Gästen ins Gespräch. Dabei wurden viele spannende Themen angesprochen.

Interviews zu verschiedenen Themen

Baraa erfuhr zum Beispiel von Bürgermeisterin Simone Maiwald, wie sie zu ihrem Amt gekommen ist und dass es dabei sehr wichtig ist, immer nett zu den Leuten zu sein. Aber nicht nur das: „Alle müssen freundlich sein - alle. Es gibt für niemanden das Recht, unfreundlich zu sein“. Die Bürgermeisterin lud die Kinder sogar spontan ein, sie am nächsten Tag im Rathaus zu besuchen.

Dragos interviewte einen Lokführer zu seinem Beruf. Dieser antwortete auf Dragos’ Frage, ob er schon mal beim Fahren eingeschlafen sei, dass das technisch gar nicht möglich sei: „Wir haben so einen Sicherheitsfahrschalter, da muss ich alle 30 Sekunden draufdrücken bzw. den muss ich dauerhaft gedrückt halten.“

Evan stellte seinem 50-jährigen Onkel Gilbert Fragen. Dieser erzählte, dass er seine Heimat Togo vor 21 Jahren wegen eines politischen Konflikts verlassen habe und dass er das Land vermisse, aber jetzt auch gerne hier lebe: „In Heidenheim ist meine Arbeit und meine Familie und ich mag es, etwas mit meinen Kollegen zu machen.“

Charlotte erfuhr im Interview mit einer ehemaligen Lehrerin, wie diese ihre Zeit im Ruhestand verbringt und wie gerne sie noch immer mit Kindern arbeitet.

Der zehnjährige Frieder fachsimpelte mit dem Trainer des 1. FC Heidenheim Frank Schmidt über Fußball und fragte ihn nach seinen Lieblingsspielern. Schmidt erzählte, dass er früher selbst Profifußballer gewesen sei und sogar mit der Jugend-Nationalmannschaft 1993 an der WM in Australien teilgenommen habe.

Madita sprach mit ihren Großeltern über deren bewegtes Leben. Ihr Opa hat in vielen verschiedenen Ländern gearbeitet und die Familie lebte viele Jahre lang in Asien. Maditas Oma schwärmte: „Ich hab ganz viele neue Freunde gefunden. Ich hab die asiatische Lebensweise gefunden, die mir sehr gefällt.“

Manche der Gäste hatten ihrerseits Fragen an die Kinder – und alle lobten, wie gut die jungen Journalist*innen ihren Job machten. Die Kinder erfuhren in den Gesprächen viel über die Berufe und Leidenschaften ihrer Interviewpartner*innen, aber auch über deren Lebensgeschichten und frühere Träume. Sie erhielten Einblicke in andere Zeiten und Länder und in die Sichtweisen anderer Generationen. Die Kinder zeichneten die Interviews mit einem Diktiergerät auf und machten Fotos von der Interviewsituation, bei denen sie ihr neues Wissen zum Fotografieren anwenden konnten.

Ausstellung im Rathaus

Einige Wochen später wurden die Fotos und die Texte der Interviews im Foyer des Heidenheimer Rathauses ausgestellt. In ihrer Eröffnungsrede sagte Bürgermeisterin Simone Maiwald: „Es sind viele kleine Erlebnisse und Erfahrungen, die die Vergangenheit ausmachen. Und Vergangenheit ist wichtig, um die Zukunft zu gestalten“. Das Projekt und die Ausstellung waren ein großer Erfolg, auf den die Kinder zu Recht stolz sein können. „Es war toll zu sehen, wie motiviert die Kinder waren. Sie haben sich sehr intensiv, auch über die eigentliche Projektzeit hinaus, mit den Themen und Personen beschäftigt“, erzählt Coralie Geist von der vhs Heidenheim. „Sie kamen dabei mit Themen in Berührung, die oft weit von ihrer eigenen Lebenswelt entfernt waren. Dazu gehörten auch historische und politische Ereignisse, die durch die persönlichen Erzählungen greifbar wurden.“ Sie möchte auch in Zukunft Kinder und ältere Menschen in Interviewprojekten zusammenbringen.

Erläuterungen und Hinweise

Bildnachweise

  • ©2021 Oliver Vogel, all rights reserved
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