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Deutscher Volkshochschul-Verband

Hospitationen in regionalen Betrieben

Radka Lemmen, Projektkoordinatorin der vhs Meppen, erklärt: "Im Emsland ist man sehr emsig."

Das zeigte sich auch deutlich bei ihrer Umsetzung des Bildungsangebots für rückkehrinteressierte Geflüchtete vor Ort. Sehr schnell konnten die gut ausgebauten Netzwerke der Volkshochschule in der Flüchtlingsarbeit aktiviert und so Teilnehmende angesprochen werden.

Dieses Netzwerk ist ein unerlässlicher Grundpfeiler für die Umsetzung des Angebots – vor allem auch für die Organisation von Hospitationen in Betrieben für die Teilnehmendenn. Die meisten von ihnen sind vor ihrer Ankunft in Deutschland einer handwerklichen Tätigkeit nachgegangen, daher wünschen sie sich ein praxisorientiertes Angebot, sodass sie das Erlernte direkt in ihren Herkunftsländern für den Beruf anwenden können. In individuellen Gesprächen mit den Kursteilnehmenden ist Ziedonis Stutins, Coach für die Kompetenzfeststellung, auf die Arbeitsmarktsituation in den jeweiligen Herkunftsländern eingegangen. Gemeinsam haben sie dann die Lerninhalte entsprechend angepasst.

Eine schöne Erfahrung ist die einwöchige Betriebshospitation. Herr Stutins hat hierfür die Betriebe aus einem anderen Projekt der vhs Meppen (Öffnet in einem neuen Tab) namens „promote yourself“ und den berufsorientierenden Kursen angesprochen und darüber die Praktikumsplätze vereinbart. Frau Lemmen macht deutlich, dass die teilnehmenden Betriebe sehr sozial und offen sind. Für sie ist es eine Frage der Menschlichkeit, den Geflüchteten eine Chance zu geben. Darüber sind sie sehr froh und dankbar.

Ein gelungenes Beispiel ist die Hospitation eines jungen Mann aus Nigeria, der sich sehr für die Arbeit in der Pflege interessiert. Er konnte eine Woche lang in der Tagespflege des Seniorenheims „Herzlake“ aushelfen. Die Bewohner*innen haben den jungen Mann sofort ins Herz geschlossen und sich über die Gesellschaft auch bei diversen Spielerunden gefreut.

Weitere Hospitationsmöglichkeiten gab es in einem KFZ-Zentrum, einer Nähstube und einem Malerbetrieb. Alle Teilnehmenden waren sehr fleißig und zuverlässig. Mit den Betrieben haben sie einen Hospitationsvertrag abgeschlossen – zwar dürfen sie nicht bezahlt werden, aber regelmäßig einer Beschäftigung nachzugehen und eingebunden zu sein, hat ihnen gut getan. So einen Vertrag zu haben schafft Verbindlichkeit und eine gewisse Wertschätzung, finden sie.

Unabhängig von ihrem gewählten Berufspraktikum durchlaufen alle Teilnehmenden die sogenannte Kompetenzwoche. Hierbei geht es darum, dass die Frauen und Männer ihre Fähigkeiten kennenlernen und daraus Wünsche und Ziele ableiten. Die Teilnehmenden sind sehr interessiert und begeistert von der für sie völlig unbekannten Kompetenzfeststellung. Sie fühlen sich ernstgenommen und freuen sich sehr über das ihnen entgegen gebrachte Interesse. Sie beschäftigen sich oft zum ersten Mal mit sich selbst und ihren Fähigkeiten oder machen sich Gedanken zu ihrer beruflichen Laufbahn im Herkunftsland. Viele Teilnehmer*innen wünschen sich sogar einen längeren Kurs, denn er gibt ihnen Struktur und eine Aufgabe in ihrem Alltag aus Warten und Untätigkeit.

Die persönliche Betreuung und das echte Interesse schaffen schnell Vertrauen. „Man muss ehrlich und herzlich sein und auch hinter seinem Wort stehen“, erklärt Herr Stutins. „Denn ohne einen persönlichen Bezug und Vertrauen würde nichts funktionieren.“ Eine Herausforderung ist oft das niedrige Sprach- und Bildungsniveau. Aber man unterstützt sich in der Gruppe gegenseitig; so wird auch das Gemeinschaftsgefühl gestärkt. Die Stimmung unter den Teilnehmenden ist immer sehr gut, trotz verschiedener Nationalitäten.

Doch manchmal sind die Schicksale, die einige der Lernenden teilen, schwer zu verarbeiten. Fast alle, die aus Krisenländern hierher kommen, sind traumatisiert. Manchmal verschwinden auch Kursteilnehmende – aus Angst vor drohenden Abschiebungen tauchen sie unter. Ziedonis und die anderen Dozent*innen sind froh, dass sie vom DVV im Rahmen der Lehrkräftefortbildung „Bildungsbrücken bauen“ geschult wurden, wie sie mit Trauma bei den Teilnehmenden umgehen und auch sich selbst vor einer zu starken psychosozialen Belastung schützen können.

Eine Besonderheit der Kompetenzwoche an der vhs Meppen ist das Teamspiel „Bildungsbrücke bauen“. Die Teilnehmenden arbeiten  aufgeteilt in zwei Gruppen am Bau einer gemeinsamen Brücke. Hierbei müssen sie viel miteinander kommunizieren, Aufgaben verteilen, Hand in Hand miteinander arbeiten. Ihre Kreativität und ihr Geschick begeistern die Projektverantwortlichen immer wieder. Zum Ende des Projekts wurden die so entstandenen schönsten Brücken im Foyer der Volkshochschule ausgestellt.

Weitere Praxisbeispiele

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Bildnachweise

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