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Deutscher Volkshochschul-Verband

Demokratieführerschein inklusiv

Junge Menschen mit und ohne Behinderung mischen in der Kommunalpolitik mit

von Katharina Reinhold

Wie wird Politik vor Ort gemacht? Was wird für Menschen mit körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen getan? Was können wir tun? Mit diesen und vielen weiteren Fragen beschäftigten sich 14 junge Menschen beim ersten „Demokratieführerschein inklusiv“ in Gütersloh und entwickelten ein Projekt, das alle Sinne fordert.

Wie Kommunalpolitik funktioniert und wie man sich selbst für seine Anliegen vor Ort einsetzen kann, lernen junge Menschen, die einen „Demokratieführerschein“ machen. Das Konzept dafür wurde 2008 vom Landesverband der Volkshochschulen von NRW gemeinsam mit der Landeszentrale für politische Bildung NRW entwickelt. In 30 Unterrichtseinheiten wird praxisnah und projektorientiert gearbeitet, die Teilnehmenden besuchen eine Stadtratssitzung und sprechen mit Politikern. Am Ende gibt es einen kleinen Test und ein Zertifikat. Das Programm wird erfolgreich von zahlreichen Volkshochschulen angeboten – auch in Gütersloh.

Doch nun wagte die Volkshochschule Gütersloh etwas Neues – nach dem Motto „Was gut läuft, kann man noch besser machen“. Sie bewarb sich beim Deutschen Volkshochschul-Verband als Modellstandort für ein neues Konzept – mit Erfolg: Die Volkshochschule Gütersloh bot als erste (zeitgleich mit der VHS Donauwörth) den „Demokratieführerschein inklusiv“ an – 14 junge Menschen zwischen 16 und 25 Jahren mit und ohne Behinderungen nahmen von Oktober bis Dezember 2014 daran teil.

Die größte Herausforderung ergab sich durch die Heterogenität der Gruppe. Die Inhalte der Module mussten zum Teil stark reduziert werden. Eine sprachliche Anpassung an die Teilnehmenden war erforderlich. Eine Differenzierung nach unterschiedlichen Formen und Ausprägungen von Behinderungen könnte perspektivisch hilfreich sein.

Dr. Elmar Schnücker, pädagogischer Leiter der vhs Gütersloh

Lerninhalte

Die Teilnehmenden beschäftigten sich mit den Themen Demokratiewissen, kommunale Handlungsfelder der Politik, Wirtschaft, Soziales, Jugend, Menschenrechte und vielen weiteren Aspekten. „Wir haben nicht nur über Demokratie gesprochen, wir haben sie auch gelebt“, sagte Dozentin Stephanie Paschke. Dabei standen Fragen danach, wie vor Ort Teilhabe gelebt und gesellschaftspolitisch gefördert wird und wo politscher Handlungsbedarf besteht, immer wieder im Mittelpunkt des Interesses, ebenso wie Aus- und Einschlüsse von Menschen aufgrund einer Behinderung und/oder ihrer Herkunft, ihrer Religion, ihres Alters oder ihrer sexuellen Orientierung.

Die Teilnehmenden diskutierten miteinander, brachten eigene Ideen ein und einigten sich auf Wege und Lösungen. Sie entwarfen Plakate zu Demokratie- und Medienthemen und entwickelten gemeinsam das Projekt „Sinneswerkstatt“. Es wurde anlässlich der Zertifikatsvergabe präsentiert.

Motivation der Teilnehmenden

Die Teilnehmenden wurden über das VHS-Programm oder durch ihre Einrichtungen wie wertkreis gGmbH in Gütersloh oder die Bodelschwinghschen Einrichtungen von Bethel in Bielefeld auf das Angebot aufmerksam. Ihre Motivation zur Teilnahme lag darin, dass sie auf ihre persönlichen Anliegen aufmerksam machen wollten. Sie erhoffen sich durch die Teilnahme am Projekt zudem bessere berufliche Chancen durch den Nachweis politischer Kenntnisse.

Sinneswerkstatt

Die Sinneswerkstatt war wie ein Erlebnisparcours aufgebaut. Die Teilnehmenden des Projektes führten die Besucher hindurch. Diese konnten erfahren, was es bedeutet, körperlich beeinträchtigt zu sein und sich verschiedenen Herausforderungen stellen, etwa Puzzeln oder ein Glas Wasser einschenken ohne zu sehen, jemanden nach seinem Befinden fragen ohne zu reden oder sich im Rollstuhl fortbewegen. „Ich finde  es sehr bemerkenswert, dass wir es andersherum machen. Wir überlegen nicht, wie wir auf die Menschen mit Einschränkungen eingehen, sondern probieren selbst aus, wie es ist, wenn man nicht sehen oder gehen kann“, sagte Dozentin Sabine Plaumann-Wulfert.

Fazit der Verantwortlichen

Der pädagogische Leiter der Volkshochschule Gütersloh Dr. Elmar Schnücker sagt zu den Herausforderungen des Projekts: „Die größte Herausforderung ergab sich durch die Heterogenität der Gruppe. Unterschiedliche Beeinträchtigungen und Behinderungen sind auch trotz einer didaktischen Binnendifferenzierung bisweilen nur schwer auszugleichen gewesen. Die Inhalte der Module mussten zum Teil stark reduziert werden. Eine sprachliche Anpassung an die Teilnehmenden war erforderlich. Eine Differenzierung nach unterschiedlichen Formen und Ausprägungen von Behinderungen könnte perspektivisch hilfreich sein.“ Insgesamt zeigt sich Elmar Schnücker jedoch höchst zufrieden mit dem Verlauf des ersten inklusiven Demokratieführerscheins: „Es ist ein tolles Ergebnis. Die politische Bildung hat den Teilnehmern Spaß gemacht.“

Weitere Inklusive Angebote der vhs Gütersloh

Inklusive Weiter- bzw. Erwachsenbildung ist in der VHS Gütersloh eine Querschnittsaufgabe. Semesterweise finden zum Beispiel inklusive Theaterprojekte statt. Den Dozentinnen und Dozenten der VHS werden regelmäßig Fortbildungen zur inklusiven Erwachsenenbildung angeboten und es gibt an der VHS eine Beauftragte für alle Fragen und Belange von Teilnehmenden mit Behinderungen. Bei Bedarf werden ausgewählte Veranstaltungen in Gebärdensprache übersetzt. Der inklusive Demokratieführerschein fand 2015 ein weiteres Mal statt; dieses Mal nahmen allerdings nur Menschen mit Behinderungen daran teil.

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Bildnachweise

  • Stadt Gütersloh
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