„Die Umsatzsteuerbefreiung für gemeinwohlorientierte Bildungsdienstleistungen wollen wir europarechtskonform beibehalten“. Dieses klare politische Bekenntnis hat die amtierende Bundesregierung vor knapp 2 Jahren in ihrem Koalitionsvertrag verankert. Doch umgesetzt ist bis heute nichts. Das Heft des Handelns liegt weiterhin in den Händen der Kommunen: Kämmereien, Finanzämter und Volkshochschulen ringen auf kommunaler Ebene um Lösungen im gegebenen gesetzlichen Auslegungsspielraum. Nicht zuletzt die Verlängerung der Optionsregel zur Einführung der kommunalen Umsatzsteuerpflicht führt dazu, dass sich der bestehende Flickenteppich von Regelungen, Absprachen und Vorgehensweisen weiter ausbreitet. Volkshochschulen vor Ort beschreiben teilweise Zustände, die einen Platz im Kuriositätenkabinett verdient haben.
Dem DVV wird etwa berichtet, dass an einer vhs Kurse mit praktischen Anwendungstipps und Praxisinhalten grundsätzlich als umsatzsteuerpflichtig bewertet werden, da es sich dabei um angewandte Wissensvermittlung handle. Auf diese Weise seien Teilnehmenden nämlich keine Bildungsinhalte zu vermitteln. Theoretische Vorträge dagegen seien stets als umsatzsteuerbefreit zu bewerten. Zwei Volkshochschulen, die im Zuständigkeitsbereich des gleichen Finanzamts liegen, erhielten ein unterschiedliches Prüfergebnis zur Umsatzsteuerpflicht ihres Programmangebots. Die zuständigen Sachbearbeiter*innen des Finanzamts seien durch ihre „persönlichen Rechtsauffassungen“ zu einem unterschiedlichen Ergebnis gekommen.
Volkshochschul-Leiter*innen und pädagogische Mitarbeitende werden bundesweit zu Umsatzsteuer-Expert*innen. Ausführliche Kursdokumentationen werden erstellt und pädagogische Maßstäbe sowie Lernziele gegenüber Finanzämtern und Kämmereien verteidigt. Wird die bestehende Umsatzsteuerbefreiung des vhs-Kursangebots vor Ort jedoch nicht anerkannt, steht das Ergebnis fest: Kursgebühren müssen deutlich erhöht werden. So werden niedrigschwellige kommunale Bildungszugänge verbaut und der Zugang zu Weiterbildung für weite Bevölkerungsteile zunehmend erschwert.
Angesichts dieser Entwicklungen blickt der DVV erwartungsvoll auf die anstehenden Bund-Länder-Beratungen zum Thema Umsatzsteuer, die derzeit vom Bundesfinanzministerium initiiert werden. Der DVV steht bereit, um seine Expertise zur europarechtskonformen Beibehaltung der Umsatzsteuerbefreiung für vhs-Angebote in diese Gespräche einzubringen.
Alle Infos zum Thema Umsatzsteuer und vhs-Kursangebot finden Sie unter: www.volkshochschule.de/umsatzsteuer (Öffnet in einem neuen Tab)