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Deutscher Volkshochschul-Verband

I-Blog-Lab digital in Köln

Die geplanten talentCAMPus-Praxisworkshops über VJing, Podcasts, Bilder, Videos, Rap und Texte für das Internet in den Osterferien 2020 mussten abgesagt werden. Stattdessen gab es Live-Shows aus der vhs Köln mit Online-Tutorials und -Gesprächsangeboten.

von Katharina Reinhold

Eigentlich hatte Moritz Berg, Fachbereichsleiter Kulturelle Bildung an der vhs Köln, für die Osterferien das zweiwöchige talentCAMPus-Projekt „I-BLOG-LAB“ geplant: Workshops im VJing, Podcasts und Videos erstellen, Sounds und Songs kreieren, eine eigene Homepage gestalten. Jugendliche zwischen zehn und 15 Jahren aus Köln-Chorweiler waren eingeladen, gemeinsam mit Medienprofis und Künstler*innen im Jugendzentrum Pegasus eigene digitale Inhalte zu produzieren – dies alles stand auf dem ursprünglichen Programm. „Ich glaube, es gibt keine Digital Natives – jeder muss lernen, wie das funktioniert“, erklärt Berg seine Motivation.

Mit unserer Zielgruppe sollten wir nicht einfach so digitale Bildung online machen!

Moritz Berg, Fachbereichsleiter Kulturelle Bildung an der vhs Köln

Die Covid-19-Pandemie und die damit verbundenen Einschränkungen änderten den Plan – es war nicht möglich, mit den Jugendlichen vor Ort im Jugendzentrum zu arbeiten. Sehr kurzfristig musste das Team der vhs Köln umplanen und strickte innerhalb weniger Tage ein neues Konzept: In der Volkshochschule wurde ein Live-Studio eingerichtet, aus dem an sechs Tagen gestreamt wurde. Drei Dozent*innen waren vor Ort: Visual Artist Uli Sigg experimentierte mit VJ-Software, Live-Kameras und Visuals, die Künstlerin Ruja Kiss arbeitete mit Stimme, Text und Sounds und der Musiker und Hip-Hop-Socializer Mela Nero sorgte für Lyrics und Beats und zeigte in Tutorials, wie man mit Apps eigene Songs und Videos produzieren kann. Es entstanden Shows, die zum Teil an das frühe MTV erinnerten. Die Dozent*innen vermittelten während der Videostreams zum einen die Basics für die Benutzung verschiedener Software-Programme, zum anderen Ideen, Wissen und Werte. Ruja Kiss etwa sprach darüber, wie Social-Media-Kanäle funktionieren und welche Chancen sie bieten, aber auch, wann es problematisch werden kann und welche Rechte Kinder und Jugendliche haben. Die Jugendlichen hatten zugleich die Möglichkeit, über den Messenger-Dienst Telegram an Live-Chats teilzunehmen, sich auszutauschen und mit den Künstler*innen im Studio in Kontakt zu treten.

Technische Hürden

Das alles auf die Beine zu stellen, war nicht einfach. „Wir als Volkshochschule sind nicht darauf vorbereitet, ein solches Format in dieser Kürze auszustatten“, erzählt Moritz Berg. „Für gute digitale Bildungsformate fehlen noch Technik und Ressourcen. Wir konnten unser Projekt nur umsetzen, weil die Dozent*innen alle Medienprofis waren und ihre technische Ausstattung beigesteuert haben. Ein Knackpunkt war auch das Thema Datenschutz: Wir wollten es möglichst sicher machen und haben uns dann entschieden, nicht mit fragwürdiger Videokonferenz-Software zu arbeiten, sondern mit einem Livestream über YouTube. Es war also eher eine Art Sendung, bei der die Jugendlichen einschalten konnten, wann sie wollten – und sie konnten die Streams auch später anschauen. Teilweise sind die Videos eher Tutorials geworden – es fehlte ein bisschen der Austausch. Die Angebote waren gut, aber es war etwas völlig anderes als kulturelle Bildung mit Jugendlichen vor Ort.“

Unverzichtbarkeit persönlicher Kontakte

An sechs Tagen haben 300 Leute die Videos angeschaut – ein beachtlicher Erfolg. Doch wer genau wie lange dabei war und was die Teilnehmer*innen mitgenommen haben – das wissen die Macher*innen im Einzelfall nicht exakt. Die direkte Anlaufstelle, das Jugendzentrum Pegasus in Chorweiler, fiel als Kooperationspartner wegen der Corona-Einschränkungen aus. Der persönliche Kontakt zu den Kindern und Jugendlichen war somit schwer herzustellen.

„Aus meiner Sicht können digitale Formate das Lernen im direkten Kontakt und den Austausch nur unterstützen, aber niemals ersetzen – vor allem nicht, wenn man es mit Kindern und Jugendlichen zu tun hat. Die brauchen auch Gleichaltrige für den sozialen Kontakt“, resümiert Moritz Berg. „Und erst recht nicht, wenn es um junge Menschen geht, die es nötig haben, die in sozial schwierigen Verhältnissen leben, wo die ganze Familie quasi in einem Raum lebt – oder sich zumindest mehrere Geschwister ein Zimmer teilen – und wo oft nicht mal ein Handy zur Verfügung steht. Diese Kinder und Jugendlichen wollen raus aus ihrem beengten Zuhause im Hochhaus oder im Wohnheim, wo es häufig Konflikte und Gewalt gibt oder einfach keine Ruhe. Ich habe einige Familien zu Hause besucht, deren Kinder bereits an talentCAMPus-Projekten teilgenommen haben. Mit dieser Zielgruppe können wir nicht einfach so digitale kulturelle Bildung machen, das wäre Selbstbetrug. Mit diesen jungen Menschen müssen wir vor Ort arbeiten, im direkten Kontakt. Wir müssen Spaß vermitteln, gemeinsam etwas entstehen lassen, die Kinder stärken“, so Berg.

talentCAMPus im Sommer wieder offline

Deshalb soll in den Sommerferien – trotz der Einschränkungen durch die Vorgaben zur Pandemiebekämpfung– das talentCAMPus-Projekt wieder offline umgesetzt werden. Aktuell erarbeiten Moritz Berg und seine Kolleg*innen ein Hygienekonzept, das an das der Schule angelehnt ist, an der das Ferienprogramm stattfinden wird. Statt 200 junger Menschen, wie in den vergangenen Jahren, werden in diesem Jahr wohl nur 100 teilnehmen können. „Wahrscheinlich wird es etwas ernster als sonst, wir werden Laufwege steuern, auf Händewaschen und Mundschutz achten und auf die Vernunft der Kinder und Jugendlichen hoffen“, sagt Berg. „Das ist gerade viel Arbeit. Aber ich habe meine Überzeugung und ich weiß, unter welch schwierigen Bedingungen diese Kinder und Jugendlichen leben. Im letzten Jahr wurden in ganz Deutschland noch die Kinderrechte thematisiert, da müssen wir uns dieses Jahr auch für die Kinder engagieren und da muss man sich eben auch mal den Arsch für die aufreißen. Das lohnt sich!“

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