Jugendliche, die gemeinsam lachen, musizieren und Comicfiguren malen, begleitet von einer Filmkamera: Die Szenen und Bilder aus dem „Making-Off“ einer Film-Projektwoche auf dem YouTube-Kanal der vhs Husum wirken unbeschwert, fast spielerisch. Doch für die beteiligten Schülerinnen und Schülern stand ein durchaus ernstes Thema auf dem Stundenplan:
Anhand persönlicher Berichte setzten sich die Jugendlichen intensiv mit der Geschichte, der Kultur und dem heutigen Leben von Sinti und Roma in Schleswig-Holstein auseinander. Am Ende entstand ein bewegender Projektfilm und bei den Jugendlichen ein neues Verständnis für die Belange von Minderheiten in unserer Gesellschaft.
Betroffene erzählen von Diskriminierung und Ausgrenzung
Insgesamt 621 Vorfälle von Diskriminierung, Stereotypisierung, Bedrohungen und sogar Gewalt erfasste die Melde- und Informationsstelle Antiziganismus (MIA) in ihrem ersten Jahresbericht für 2022 (Öffnet in einem neuen Tab). Die Erhebung zeigt, dass Sinti und Roma als Minderheit bis heute sogenannte "gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit" erfahren - ein Phänomen, dass abstrakt klingt, dessen Auswirkungen für die jugendlichen Teilnehmenden in der Projektwoche der vhs Husum durch die Begegnungen mit Betroffenen aber ganz persönlich erlebbar wurde.
Im Interview erzählten Regina und Manolo Kreuzer, die als Bildungsberater des Landesverbandes Sinti und Roma an die Theodor-Storm-Schule gekommen waren, den Jugendlichen von ihrem Alltag, von den reichen kulturellen und sprachlichen Traditionen der Sinti und Roma aber auch von den Herausforderungen und Diskriminierungen, denen sie als Minderheit bis heute in Schule und Alltag begegnen. Besonders die emotionalen, sehr persönlichen Geschichten, in denen die beiden Gäste von der Bedrohung durch Neonazis erzählten oder ihr Gefühl beim Besuch eines ehemaligen Konzentrationslagers beschrieben, lösten Betroffenheit bei den teilnehmenden Jugendlichen aus.
Und so sind es dann auch insbesondere diese persönlichen Geschichten und Eindrücke, denen die Jugendlichen in ihrem Projektfilm besonderen Raum gewähren. Zur Illustration nutzen sie selbst gemalte Comics, stellen Szenen aus dem Schulalltag nach und erzählen, welche Momente mit ihren Interviewgästen sie besonders beindruckt haben. Herausgekommen ist ein emotionaler Szenenmix, mit dem die Schülerinnen und Schüler vor allem eines erreichen wollen: Menschen auf ihren Umgang mit Minderheiten und ihre Stereotypen und Vorurteilen aufmerksam machen.
Am Ende ist sich Ascan Dieffenbach von der vhs Husum in einer Sache sicher: "Die Inhalte dieser Projektwoche werden die Schüler so schnell nicht vergessen". Ein pädagogischer Erfolg, der Nachahmung sucht. Die nächsten Film-Workshops der vhs Husum in Zusammenarbeit mit der Theodor-Storm-Schule sind deshalb schon in Planung.
Anerkennung für den Projektfilm
Als Anerkennung ihrer Arbeit lud der Landesverband der Sinti und Roma die Schülerinnen und Schüler der Projektgruppe nach Kiel ein, um dort gemeinsam den Film zu schauen und über die Arbeit der Jugendlichen zu diskutieren. Im März 2024 wurde das Projekt im Bundeswettbewerb „Demokratisch Handeln“ als herausragendes Demokratieprojekt ausgezeichnet.
Der Projektfilm auf YouTube: vhs.link/sintiroma (Öffnet in einem neuen Tab)
Das Projekt des Bündnisses für Bildung der Volkshochschule Husum wurde im Rahmen des Projektes talentCAMPus des Deutschen Volkshochschul-Verbandes e.V. durchgeführt. talentCAMPus wird im Bundesprogramm „Kultur macht stark. Bündnisse für Bildung“ gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF).
#zukunftsort_vhs – Volkshochschule als Ort der Demokratie
vhs macht die Gesellschaft zukunftsfähig, überall in Deutschland. Wir zeigen Ihnen, was Volkshochschulen von Aurich bis Zittau tun, um demokratische Werte zu verteidigen und das Leben der Menschen vor Ort zu verbessern.