Erwachsene in Deutschland erreichen in den Kompetenzdomänen Lesen, Alltagsmathematik und adaptives Problemlösen im internationalen Vergleich ein hohes mittleres Leistungsniveau – Schwächen bei den am wenigsten gebildeten Bevölkerungsgruppen sind aber weiterhin eklatant und konnten seit dem ersten PIAAC Zyklus nicht ausgeglichen werden. Die Kluft zwischen den Kompetenzen hoch und gering gebildeter Erwachsener vergrößert sich somit weiter. Das zeigen die Ergebnisse der jüngsten PIAAC-Erhebung der OECD, die am 10. Dezember 2024 in Berlin vorgestellt wurden.
Kompetenzen von Erwachsenen in Deutschland: Stabil im Mittel, aber mit deutlichen Schwächen im unteren Leistungsbereich
Die Erhebungen zeigen, dass sich die mittleren Kompetenzen der Erwachsenen im erwerbsfähigen Alter in Deutschland während der letzten zehn Jahre kaum verändert haben. Sie liegen in allen drei getesteten Bereichen signifikant über dem Durchschnitt der teilnehmenden Länder. Allerdings verfügt rund jeder fünfte Erwachsene nur über sehr geringe Grundkompetenzen dieser Art. Das bedeutet konkret, dass zum Beispiel Informationen auch sehr einfachen Hinweistexten kaum entnommen werden können, der Vergleich von Preisen beim Einkaufen oder das Zurechtfinden innerhalb spontan wechselnder Alltagsstrukturen erschwert ist. Auch zeigt die Studie, dass es eine starke Koppelung zwischen der sozialen Herkunft und den erreichten Grundkompetenzen gibt.
Transformative Prozesse erhöhen Anforderungen
Die Erkenntnisse der PIAAC-Studie sind ein wichtiger Gradmesser für das deutsche Bildungssystem, denn die Bedeutung der untersuchten Grundfertigkeiten für Erwachsene wird gegenwärtig sowohl auf wirtschaftlicher als auch auf sozialer Ebene sichtbar: Die Gesellschaft in Deutschland hat sich in den letzten zehn Jahren stark verändert, der demografische Wandel bedingt beispielsweise einen hohen Fachkräftemangel. Damit steigen die Anforderungen an die Kompetenzen älterer Erwerbstätiger, aber auch Zugewanderter mit geringen Deutschkenntnissen, die dringend auf dem Arbeitsmarkt benötigt werden. Weiterhin intensiviert sich der technologische Wandel, die Tätigkeiten am Arbeitsplatz werden anspruchsvoller. Relevante berufsspezifische Kenntnisse sind jedoch ohne grundlegende Kompetenzen im Lesen und in Mathematik sowie Problemlösungskompetenz kaum zu erlangen. Darüber hinaus sind grundlegende Fertigkeiten für die autonome Teilhabe am alltäglichen gesellschaftlichen Leben unerlässlich.
DVV fordert Fortsetzung der AlphaDekade
Mangelnde Grundkompetenzen seien ein Problem von hoher gesellschaftlicher und bildungspolitischer Relevanz, bekräftigt auch Martin Rabanus MdB, Vorsitzender des Deutschen Volkshochschul-Verbands (DVV): „Die nun vorliegenden PIAAC-Daten weisen deutlich auf einen steigenden Bedarf an nachholender Alphabetisierung und Grundbildung hin.“ Es sei unerlässlich, diesen Bedarf im Sinne individueller Teilhabe und für die Fachkräftesicherung in Deutschland dauerhaft und stabil abzudecken. Förderprogramme müssten besser abgestimmt, Träger ausreichend unterstützt und entstandene Bildungsstrukturen, Partnerschaften und Vernetzungen gestärkt werden. Dafür fordert Rabanus eine konzertierte Kraftanstrengung von Bund und Ländern: „Die AlphaDekade muss fortgesetzt werden, ohne Lücke!“
Über PIAAC:
Die von der OECD initiierte und organisierte Studie „Programme for the International Assessment of Adult Competencies“ (PIAAC) erfasst alle zehn Jahre in einer umfassenden, international vergleichenden Erhebung die Lesekompetenz, die alltagsmathematische Kompetenz und das Problemlösen der erwachsenen Bevölkerung im Alter zwischen 16 und 65 Jahren. Die daraus gewonnen Erkenntnisse werden regelmäßig in nationalen bildungs- und arbeitsmarktpolitischen Debatten aufgegriffen.
An PIAAC 2023 beteiligten sich insgesamt 31 Teilnehmerländer, darunter 29 OECD-Mitgliedstaaten. Die Studie wurde zwischen September 2022 und Juli 2023 durchgeführt. Die repräsentative Stichprobe in Deutschland umfasst rund 4.800 Erwachsene im Alter zwischen 16 und 65 Jahren.
Die Finanzierung von PIAAC in Deutschland erfolgt durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unter Beteiligung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS).
Weitere Informationen und Stellungnahmen
- PIAAC - Internationale Studie zur Untersuchung von Alltagsfähigkeiten Erwachsener (externe Seite) (Öffnet in einem neuen Tab)
- Pressemitteilung des BMBF vom 10. Dezember 2024 (externe Seite) (Öffnet in einem neuen Tab)
- Pressemitteilung des DIE vom 17. Dezember 2024 (externe Seite) (Öffnet in einem neuen Tab)