Teil 3: Angelina Stern, Leiterin Zentrum für Deutsch als Fremdsprache der vhs Hamburg
In Hamburg haben wir mit Angelina Stern gesprochen. Sie ist die Leiterin des Zentrums für Deutsch als Fremdsprache der vhs Hamburg. Im Interview schildert sie ihre Erfahrungen aus der Praxis.
Wie ist die aktuelle Lage im Integrationskursbereich bei Ihnen vor Ort?
Die 60 Integrationskurse der Hamburger vhs sind derzeit sehr gut besucht. Gerade zu Beginn der Kurse sind die meisten Module bis zur maximalen Teilnehmer*innenanzahl ausgebucht. Die Nachfrage in unserer Beratung und Anmeldung übersteigt seit einem Jahr das Angebot an freien Plätzen. Alle Kapazitäten der Hamburger vhs sind im DaF-Bereich voll ausgelastet. Das gilt insbesondere für die Beratungs-, Einstufungs- und Anmeldekapazitäten aber auch für die Sachbearbeitungen, die aufgrund der gestiegenen Kursauslastung bei erhöhtem Krankenstand den hohen Verwaltungsaufwand kaum bewältigen können. Auch ist es immer schwieriger für uns Kursleitende für den DaF-Bereich zu finden. Das begrenzt unser Angebot derzeit insbesondere im offenen DaF-Programm.
Wie hat sich die Auslastung der Kurse in den vergangenen Monaten verändert?
Zum zweiten Quartal 2022 konnten aufgrund der aufgehobenen Pandemieeinschränkungen besonders viele freie Integrationskursplätze für den Zulauf insbesondere von Ukrainer*innen zur Verfügung gestellt werden. Wir haben jegliche Kapazität an startenden Integrationskursen in das Modul 1 gesetzt. Vorher hatten wir Integrationskurse auf verschiedenen Niveaus gestartet, um Wiederholern oder Menschen mit Vorkenntnissen einen Platz anbieten zu können. Das ist jetzt nur noch selten möglich. Zu Beginn des Herbstsemesters 2022 wurden dann nochmal alle räumlich verfügbaren Kapazitäten geprüft und maximal ausgeschöpft, so dass heute um die 1.100 Teilnehmenden in unseren Integrationskursen Deutsch lernen.
Welche konkreten und unmittelbaren Maßnahmen würden zu einer Verbesserung der Situation beitragen?
Der Abbau von Verwaltungsbürokratie würde sehr helfen. Zumindest ein temporäres, krisenbedingtes Aussetzen einzelner Verwaltungsschritte seitens des BAMF wäre notwendig und hilfreich. So erzeugen die Regelungen beispielsweise bei dem Nachweis von Fehlzeiten, dem Berechnen von individuellen Fahrgeldzuschüssen oder die Einführung neuer Datenfelder einen erheblichen Aufwand.
Ein Ausbau der Erstorierungskurse (EOK) wäre hilfreich, um das Integrationskurs-System in der aktuellen Krisensituation zu entlasten. Wir beobachten, dass ein Integrationskurs nicht für alle Teilnehmer*innen, vor allem für Teuilnehmer*innen aus der Ukraine, das richtige Kursmodell ist. Des Weiteren wäre ein schnelleres Fortschreiten in der verschlüsselten Kommunikation mit dem BAMF sowie die Vereinheitlichung und der Ausbau digitaler Verwaltungsprozesse, die auch bei den Trägern und nicht nur BAMF-Intern für Erleichterung sorgen notwendig.
Warum sind die Integrationskurse (und ggf. Erstorientierungskurse) wichtig für Ihre Volkshochschule und welche Erfolgsgeschichten gibt es?
Integrationskurse sind ein zentrales Element für die Integration zugewanderter Menschen in Hamburg. Gerade die vielfältige Zusammensetzung der einzelnen Kurse sichert dabei einen erheblichen Lernfortschritt für die Teilnehmenden. Für die Hamburger vhs ist Deutsch als Fremdsprache der größte Einzelbereich und daher eines der wichtigsten Bildungsangebote für erwachsene Menschen in der Stadt. Ehemalige Teilnehmende an unseren Integrationskursen arbeiten als Festangestellte oder als freiberufliche Kursleitende bei uns. Durch die guten Erfahrungen, die unsere Teilnehmenden mit der vhs machen, sind sie wichtige Multiplikatoren für andere Zugewanderte und in Ihrem beruflichen Umfeld. So ist die vhs mit Abstand die erste Adresse für Deutsch als Fremdsprache-Kurse in Hamburg.