Konsequentes Vorgehen gegen menschenfeindliche Äußerungen steht nicht im Widerspruch zur Meinungsfreiheit, im Gegenteil: Es hilft, sie zu bewahren. In diesem Sinne sprachen sich 185 Vertreter*innen von Volkshochschulen bundesweit bei einem Online-Austausch über Herausforderungen im vhs-Alltag in Zeiten politischer Polarisierung aus. Der offensiv bekundeten Ablehnung humanistischer Grundwerte durch manche vhs-Teilnehmer*innen müssen Kursleiter*innen, Programmverantwortliche und vhs-Leitungen entschieden entgegentreten. Zugleich muss die vhs als Ort der Meinungsvielfalt und als Forum des Dialogs zwischen Menschen mit unterschiedlichen Überzeugungen erhalten bleiben. Für die vhs-Mitarbeiter*innen vor Ort ist das oft eine Gratwanderung. Umso wichtiger ist es, das Thema mit Kolleg*innen aus allen Bundesländern zu diskutieren und in der gemeinsamen Beratung Strategien zu finden, wie freie Meinungsäußerung gefördert, zugleich aber Diffamierung und Diskriminierung wirksam bekämpft werden können.
Den Einstieg in die Diskussion lieferte die Hamburger Erziehungswissenschaftlerin Prof. Dr. Anke Grotlüschen. Dass Volkshochschulmitarbeiter*innen und Kursleiter*innen immer wieder mit Äußerungen konfrontiert werden, die im Widerspruch zu grundlegenden Werten der vhs stehen, verwundere nicht, stellte Grotlüschen fest und zitierte die Mitte-Studie von 2024. Sie zeigt, dass extremistische Haltungen und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit längst quer durch die gesellschaftlichen Milieus vertreten werden. In einer eigenen qualitativen Studie, die unter anderem vom DVV begleitet wurde, erfasste Grotlüschen Fallbeispiele zur Einflussnahme populistischer Akteure auf Volkshochschulen und andere Weiterbildungseinrichtungen und dokumentiert auch, wie die Mitarbeiter*innen der Volkshochschulen in diesen Fällen vorgingen.
Erwartungsgemäß gibt es hier kein Patentrezept: Werden zum Beispiel vhs-Veranstaltungen durch menschenfeindliche und/oder extremistische Einwürfe gestört, müssen die Mitarbeiter*innen jeweils entscheiden, welche Reaktion angemessen ist: Wenn irgend möglich, in einer – zwangsläufig kontroversen – Diskussion dagegenhalten, jedoch bei ostentativen Äußerungen, die Rechte anderer beschneiden, vom Hausrecht Gebrauch machen.
Volkshochschulen leben vom Engagement ihrer Kursleiter*innen, die immer wieder neue Ideen in die vhs bringen. Dabei bleibt es nicht aus, dass Volkshochschulen auch Angebote unterbreitet werden, mit denen Menschen im Sinne extremistischer Ideologien manipuliert werden sollen. Darum prüfen Programmbereichsleitungen besonders genau und lehnen entsprechende Angebote von vornherein ab. Verträge mit Kursleiter*innen sollten die Verpflichtung auf Grundwerte der vhs enthalten, empfahl Grotlüschen. Personen, die dennoch in ihren Veranstaltungen politische oder weltanschauliche Manipulation betreiben, müssten so rasch wie möglich von der Lehrtätigkeit ausgeschlossen. Naheliegend ist auch der Verweis auf Qualitätsvorgaben, die in allen Volkshochschulen gelten, und auf das Leitbild der jeweiligen Volkshochschule: Vhs vermitteln keine Meinungen, sondern gesichertes Wissen. Wie wichtig für jede vhs ein klar formuliertes Leitbild ist, wird in solchen Situationen deutlich. Vorwürfen, eine vhs verletze ein angebliches Neutralitätsgebot für öffentlich geförderte Bildungseinrichtungen, wenn sie sich gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit stellt und gegen Indoktrination vorgeht, kann zum Beispiel unter Berufung auf den Beutelsbacher Konsens für die Politische Bildung begegnet werden: Dieser verpflichtet Lehrende nicht zur Neutralität, sondern verbietet eine ideologische Überwältigung des anderen.
Die Veranstaltung machte deutlich, dass die Anforderungen an Fingerspitzengefühl, Moderationsgeschick und Entscheidungsfähigkeit von vhs-Mitarbeiter*innen enorm sind. Im DVV und in seinem Bundesarbeitskreis Politik – Gesellschaft – Umwelt, der zu dem bundesweiten Austausch eingeladen hatte, werden Strategien entwickelt, wie die Kolleg*innen noch stärker unterstützt werden können. Eine Handreichung mit Ratschlägen für den Umgang mit antidemokratischen Äußerungen und Gruppierungen (Öffnet in einem neuen Tab) liegt bereits vor.